Dieser Beitrag ist ein Gastartikel von Florian Herkner, Food-Startup-Experte mit umfassender Erfahrung in der Lebensmittelbranche.
Food-Startups stehen heute in einem Spannungsfeld aus wachsendem Nachhaltigkeitsbewusstsein, starkem Wettbewerb und sich wandelnden Konsumgewohnheiten. Startups agieren quer durch das Ernährungssystem und entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Obwohl die folgenden Betrachtungen für fast all diese Startups Gültigkeit haben, fokussieren wir hier v.a. auf Produkte der Lebensmittelerzeugung und –verarbeitung.
Wer nicht nur ein Produkt, sondern eine skalierbare Marke aufbauen möchte, braucht mehr als nur eine gute Rezeptur. Es geht um strategische Skalierbarkeit entlang von fünf Schlüsselbereichen: Partnerschaften, Finanzierung, Infrastruktur, Know-how und ein aktiver Umgang mit dem rechtlichen Rahmen.
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1. Partnerschaften – der Turbo fürs Wachstum
Skalierung gelingt selten im Alleingang. Partnerschaften mit Einzelhändlern, Logistikern, Technologie- oder Vertriebspartnern ermöglichen Startups nicht nur Zugang zu Märkten und Ressourcen, sondern auch Glaubwürdigkeit.
Beispiel: Waterdrop (AT) setzte früh auf smarte Kooperationen mit Influencern, Sportlern und Einzelhandelspartnern wie REWE oder dm. Innerhalb von sechs Jahren expandierte das Unternehmen in über 10 europäische Länder und erreichte laut Unternehmensangaben bis 2023 einen Umsatz von über 100 Millionen Euro. Partnerschaften waren zentral – vom Retail über E-Commerce bis zur Co-Branding-Kampagne.
Erkenntnis: Wer früh Vertrauen bei Vertriebspartnern und Markenbotschaftern aufbaut, schafft sich ein Netzwerk, das auch in der Wachstumsphase trägt.
2. Finanzierung – Wachstum braucht Treibstoff
Selbst die innovativste Idee verpufft ohne Kapital. Skalierung erfordert signifikante Mittel für Produktentwicklung, Marketing, Personalaufbau, Internationalisierung und operative Strukturen.
Beispiel: Das deutsche Food-Tech-Startup FREDA, Anbieter hochwertiger Tiefkühlgerichte, erhielt 2024 ein siebenstelliges Seed-Investment. Ziel: Ausbau der eigenen Produktionskapazitäten, ein skalierbares Fulfillment-Modell und Expansion in den B2B-Bereich (z. B. Hotel- & Gastronomiepartnerschaften). In diversen erfolgreichen Projekten in meiner Laufbahn als Businessdeveloper oder Berater hat gezeigt, wie wichtig eine ausreichende Finanzierung sowie strategische Mittelverwendung ist,
Einordnung: Viele Startups unterschätzen, wie stark der Kapitalbedarf mit wachsender Nachfrage steigt – insbesondere in kapitalintensiven Bereichen wie Frischelogistik, Tiefkühlung oder Direktvertrieb. Ein belastbares Finanzmodell und Investoren mit Branchenverständnis sind entscheidend.
3. Infrastruktur – die unsichtbare Basis für Skalierung
Gute Produkte in kleiner Stückzahl zu liefern ist eine Sache – Skalierbarkeit heißt, Prozesse und Systeme zu schaffen, die auch bei exponentieller Nachfrage reibungslos funktionieren.
Beispiel: Das Schweizer Startup Planted, das pflanzenbasiertes Fleisch mittels Fermentation produziert, investierte 2022 rund 70 Mio. CHF in eine neue Produktionsanlage. Damit stieg die Kapazität auf über 1 Tonne pro Stunde, und der Vertrieb wurde auf mehr als zehn Länder ausgeweitet. Aktuell sehe ich diese Herausforderung auch bei einem Startup Coaching wo es darum geht eine funktionierende Supplychain für den nächsten Wachstumsschritt aufzubauen. Dabei gibt es eine Reihe von Punkten die es bei der Übersetzung einer guten Idee in Richtung eines erfolgreichen Produktes zu beachten gilt.
Fazit: Infrastruktur muss mitwachsen – vom ERP-System über Kühlkettenlogistik bis hin zu Co-Packing-Partnern. Wer in frühe Prozessoptimierung investiert, schafft die Basis für nachhaltige Expansion.
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4. Know-how – Technologie, Markt und Konsument verstehen
Produktentwicklung im Food-Bereich ist keine Einbahnstraße. Geschmack, Gesundheit, Convenience und Nachhaltigkeit müssen miteinander verbunden werden – und das mit technologischem, sensorischem und marktwirtschaftlichem Know-how.
Beispiel: Air Up (DE) hat mit seinem Duft-basierten Trinksystem eine völlig neue Produktkategorie geschaffen. Mit starkem Fokus auf Produktdesign, olfaktorischer Forschung und Marketing erreichte das Unternehmen 2023 einen Umsatz von über 200 Mio. Euro – mit Millionen verkauften Einheiten pro Jahr.
Erkenntnis: Wer Konsumtrends (z. B. zuckerfrei, vegan, Zero-Waste) mit wissenschaftlicher Tiefe und Innovationsgeist verbindet, kann neue Märkte schaffen, anstatt nur bestehende zu bedienen.
5. Rechtlicher Rahmen – nicht nur Hürde, sondern Hebel
Oft wird der rechtliche Rahmen als etwas betrachtet, was „einzuhalten“ ist. Doch für skalierende Food-Startups kann er zu einem echten Differenzierungs- und Innovationsfaktor werden – wenn man ihn als strategisches Spielfeld versteht.
Beispiele:
- Novel Food Regulation (EU): Für viele pflanzenbasierte Produkte oder fermentierte Innovationen (z. B. Mykoproteine) ist eine Zulassung unter der Novel-Food-Verordnung erforderlich. Wer früh regulatorische Klarheit schafft, kann als First Mover Märkte besetzen.
- Pfand- und Verpackungsgesetze: Startups, die auf Mehrwegsysteme oder vollständig kompostierbare Verpackungen setzen, profitieren vom steigenden Druck auf Großkonzerne und positionieren sich als Vorreiter. Recircle (CH), ein Anbieter für Mehrweg-Lösungen in der Gastronomie, profitiert direkt von gesetzlichen Veränderungen in der Verpackungsindustrie.
- Health Claims & Kennzeichnung: Startups, die ihre Produkte mit klaren gesundheitlichen Benefits bewerben wollen, brauchen juristisches Know-how, um Abmahnungen oder Vertriebsstopps zu vermeiden – und gleichzeitig kommunikativ am Limit des Erlaubten zu arbeiten.
Fazit: Wer Regulatorik nicht als Bremse, sondern als Möglichmacher denkt, kann Markteintrittsbarrieren für andere schaffen – und sich Wettbewerbsvorteile sichern.
Wie Food-Startups wachsen können
Der Erfolg von Food-Startups in der DACH-Region basiert auf einem komplexen Zusammenspiel aus Kapital, Partnerschaften, Infrastruktur, Wissen und strategischem Umgang mit dem regulatorischen Umfeld. Die besten Beispiele zeigen: Es geht nicht nur darum, ein gutes Produkt zu entwickeln – sondern eine skalierbare Organisation zu bauen, die wandelnden Markt- und Gesetzesbedingungen mit Agilität begegnet. Ein erfahrener Coach oder Mentor kann massgeblich dazu beitragen aus Fehlern anderer zu lernen und ohne unnötige Irrwege einen erfolgreichenen Launch oder Scaleup zu meistern.
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