Was sagt die Expertin? Petra Wolkenstein über Strategieentwicklung

Expetrise Petra Wolkenstein Strategie

Veränderung ist auch eine Chance. Aber wie erkennt man die richtigen Chancen und wie nutzt man sie? Sollten Unternehmer*innen alles weit im Voraus planen und wenn ja, was macht eine gute Strategie aus? Petra Wolkenstein geht seit Jahren mit ihren Kunden durch Strategie-Prozesse. Sie hat zu diesem Thema defintiv etwas zu sagen.

Bedeutet Unternehmensstrategie nicht einfach, dass man weiß, wie man Prioritäten setzt und Budgets im Unternehmen verwendet? Ist es wirklich notwendig, immer alles im Voraus zu planen und zu Ende zu denken? 

Als erstes muss man definieren, was man unter Unternehmensstrategie versteht. Eine Strategie auf ein langes Papier zu schreiben und dann zu sagen, dass sie drei Jahre lang halten wird – nein, in solchen Zeiten leben wir nicht mehr. So langlebig sind die meisten Dinge nicht, weil sich alles schnell ändert. Aber einen Strategie-Prozess zu haben, bei dem man sich die Themen in einem analytischen Rahmen ansieht und auf dieser Basis entscheidet, in welche Richtung man gehen will, daraus Ziele ableitet und dann auch seine Mitarbeiter darauf einschwört, ist ein absolutes Muss. Nur ist das Ganze nicht starr, sondern passt sich an.

Warum brauchen Unternehmer*innen Strategien?

Für Entrepreneure bedeutet ein Strategieprozess, dass sie sich Gedanken machen. Es werden verschiedene Varianten durchgedacht: Man überlegt, was die Kunden wollen, wo die Konkurrenten sind, was die vielversprechendsten Geschäftsfelder sind. All dieses wertvolle Wissen wird im Strategieprozess verarbeitet.

„Der Hauptmehrwert des ganzen Prozesses ist ist die Analyse, und dass man realistische Ziele und Massnahmen ableitet.“

Wenn sich plötzlich etwas ändert, wie bei der Covid 19-Krise Anfang 2020, hat man mit dem früheren Strategie-Rahmen eine Basis, auf der man aufbauen kann. Es geht also mehr um dieses Instrument, die Analyse dahinter, das Treffen von Entscheidungen und das Ableiten von Zielen, als darum, ein Papier zu haben.

Es bedeutet also, die lebende, umfassende Strategie des Unternehmens zu gestalten. Wie kann die Strategie wirklich funktionieren?

Es gibt einen weiteren Effekt des Strategieprozesses. Man kann mehrere Personen auf der Managementebene oder Schlüsselpersonen im Unternehmen einbeziehen, ihre Meinung einholen, das ganze Wissen sammeln. Und weil sie an der Zielsetzung und der Strategie beteiligt waren – sind sie voll an Bord und gut dabei, das Ganze dann auch umzusetzen. Die Leute indentifizieren sich besser damit, weil sie mitgestaltet haben, weil sie gehört wurden, weil etwas gemeinsam diskutiert wurde.

Es muss keine gemeinsame Entscheidung fallen, aber wenn es Elemente gibt, die eingebracht wurden, dann tragen die Mitarbeiter das besser mit. Sie haben es gemeinsam entwickelt. Das macht ein Strategie-Prozess mit allen beteiligten Personen.

Wo fängt man an, wenn man die Unternehmensstrategie aufbaut? Schafft man das alleine oder muss man immer einen externen Blick einbeziehen? 

Wo man mit einer Business-Strategie anfängt:

  • Grundsätzlich schaut man sich immer an, welche Dienstleistungen oder Produkte man aktuell anbietet. Wer sind meine Mitbewerber? Welche Kundengruppen habe ich derzeit? Wie hoch ist mein aktueller Umsatz und Deckungsbeitrag? Die Basis ist die Analyse, wo das Unternehmen im Moment steht bis hin zu den Kernkompetenzen.
  • Im zweiten Teil stellen wir fest, was wir gut können. Dazu gehören die Kernkompetenzen und Fähigkeiten.
  • Der dritte Teil ist, sich die Trends anzuschauen. Was sind gute Zielgruppen, was sind gute Produktbereiche. Wo liegt also das Potenzial?

Wenn alles klar ist, dann fängt man an, diese drei Teile zusammenzufügen und zu bewerten, was die strategischen Richtungen sind. Wie gesagt, das Wichtigste ist, dass man sich das überhaupt ansieht.  Sie sollten auch die richtigen Leute im Unternehmen einbeziehen.

Braucht man eine externe Begleitung? Nein, braucht man nicht. Man kann von den Basics bis zu einer High-Level-Strategie alles machen, wenn man die Vogelperspektive beherrscht. Der Trick ist, einen Rahmen zu haben, in dem man alle einzelnen Elemente richtig analysieren kann.

Warum ziehen Unternehmer dann externe Strategie-Experten hinzu? 

Das passiert,

  • wenn es einen großen Umbruch gibt, oder
  • wenn die Leute unzufrieden damit sind, wie das Unternehmen funktioniert.

In besonderen Situationen, wie zum Beispiel der Covid 19-Krise, wird oft ein Experte hinzugezogen. Der Spezialist hilft bei einer Strategieüberarbeitung, dem Strategie-ReviewSchnell wachsende Unternehmen können auch bei der Erstellung der Jahresstrategie erstmals einen externen Experten hinzuziehen, damit es schneller geht. Das sind typische Projekte, die wir machen.

Wie funktioniert die Strategieentwicklung? Ist sie bei jedem anders oder hängt sie von der Branche ab? 

Branchenspezifisch und unterschiedlich sind meist die Business-Modelle. Unter Business Modellen versteht man ein Geschäftsmodell, das die folgenden Fragen beantwortet:

Wie spreche ich meine Kunden an?
Wie liefere ich?
Was mache ich selbst und wen beauftrage ich?
Wie verrechne ich: Verrechnungsmodelle.

Es gibt bis zu 300 Geschäftsmodelle, aber es sind wahrscheinlich maximal 10 Hauptgeschäftsmodelle, und das sind eben unterschiedliche Branchen. Das sind die Teile, die auch in die Strategie eingehen, die ein bisschen branchenspezifisch sind, ansonsten läuft ein Strategieprozess eigentlich relativ standardisiert ab.

„Die Unterschiede liegen nicht unbedingt in der Branche, sondern eher in der Komplexität.“

Wenn ich ein Unternehmen habe, das nur ein Produkt hat, dann ist es eine Ein-Produkt-Strategie. Aber wenn es ein Unternehmen ist, das mehrere verschiedene Geschäftsbereiche hat? Dann wird es ein bisschen komplexer. Dann muss man abwägen, worauf wir uns fokussieren, woran wir eher interessiert sind.

Konsultori wird bald 10 Jahre alt. Da kommen schon eine Menge Projekte zusammen. Was macht eine gute Strategie aus? 

Eine gute Strategie hat zwei Elemente. Das eine ist, flexibel zu sein, aber zu wissen, wo man in fünf Jahren sein will. Das zweite Element ist, aus heutiger Sicht einen guten Schlachtplan zu erstellen, wie man dorthin kommt. Und dieser Schlachtplan ist flexibel genug, um ständig angepasst zu werden.

„Es gibt nichts Schlimmeres, als das Strategie-Papier in die Schreibtischlade zu verbannen und nicht zu leben.“

Es geht darum, diese langfristige Perspektive festzunageln und immer Wege zu finden, dorthin zu kommen und Prioritäten zu setzen.

Was ist der Unterschied zwischen Strategie und Aktionsplan?

Der nächste Schritt ist, ein Zielsystem zu haben, damit eine Strategie auch funktioniert und im Alltag, in den Ergebnissen des Unternehmens ankommt. Was sind unsere Ziele für dieses Jahr? Was sind unsere Ziele für das nächste Jahr? Das wird dann auf einzelne Maßnahmenblöcke heruntergebrochen.

Das ist die Maßnahmenplanung. Das ist auch eine wichtige Arbeit, die zu tun ist. Die Leute müssen wissen, was in diesem Jahr, in den nächsten 12 Monaten auf dem Spiel steht, was die einzelnen abgerundeten Hauptthemen sind, um die wir uns kümmern müssen, und was dafür zu tun ist.